Vom Lernen aus Müssen zum Lernen aus Wollen


Dieser Text knüpft teilweise an den Beitrag → Alles zu deiner Zeit an. Es zeichnet das für mich so wichtige Bild, dass alles zu einem kommt, wenn die Zeit dafür reif ist. Oder anders ausgedrückt: Wir sind für gewisse Dinge erst offen, wenn wir uns dafür öffnen können. Und dieses Können resultiert nicht allein aus einem objektiven logischen Wollen, sondern vielmehr aus der innerlichen und emotionalen Überzeugung heraus. Denn dieses echte Interesse aus emotionaler Überzeugung heraus kann erst tatsächliche Veränderung in unser Leben ziehen.
Dieser Beitrag kann also zeigen, dass uns keine Meinung, kein Wissen oder guter Ratschlag erreichen wird, wenn wir es nicht lernen und annehmen wollen. Und dieses Wollen ist vielmehr als reines Annehmen von Wissen aus Pflichtgefühl. In diesem Beitrag wollen wir darüber sprechen, wie wir von diesem reinen Lernen aus Pflichtgefühl zu einem Lernen aus eigenem Antrieb kommen und wie wir dadurch echtes Interesse und echte Veränderung in unser Leben ziehen können.
Intrinsische vs. extrinsische Motivation
Das Lernen aus Pflichtgefühl dürfte doch vielen von uns bekannt sein - so auch mir.
In einem vorherigen Beitrag umschrieb ich bereits kurz meinen Werdegang. Ohne eine große Kritik an unserem Bildungssystem loszutreten, möchte ich doch betonen, dass es vor allem auf äußerer (extrinsischer) Motivation basiert: Noten, Druck und Erwartungen. Lernen aus dem Bedürfnis heraus, gute Noten zu erzielen, um einen gutbezahlten Job zu bekommen und den Erwartungen von Eltern, Lehrern und Gesellschaft gerecht zu werden. So bleibt durch äußere Anreize wie Leistungsdruck und die Erfüllung externer Erwartungen die Entwicklung echter innerer (intrinsischer) Motivation oft auf der Strecke.
Das kannte ich nur allzu gut. Für mich stand als eine der ersten Jahrgänge das Abitur nach 12 Jahren auf dem Programm. Da blieb nicht viel Zeit zum Nachdenken - nur zum Funktionieren. Ich habe das Abitur dann zwar sehr gut abgeschlossen, aber (wen wundert’s) blieb alles andere auf der Strecke - soziales Leben, privates Leben, Interessen, Persönlichkeitsentwicklung. Am Ende stand man also da mit guten Noten, aber ohne Idee von dem Leben, von sich selbst oder seinen Wünschen. Quasi vor dem Nichts.
Da nichts anderes zur Orientierung blieb, so fuhr man also mit dem Pflichtbewusstsein fort. Losgelöst von jeglicher Idee von persönlichem Wunsch oder echtem Interesse wählte ich den “logischen Weg”. Guter Abiturschnitt? Dann nutzt ich den natürlich auch. Medizin ist vielleicht ein bisschen hochgegriffen, aber komm, dann machen wir doch einfach mal Psychologie. Klingt gut und man braucht einen guten Schnitt dafür. So meine Gedankengänge. Psychologiestudium sieht schließlich gut aus. Extrinsisch motiviert - eben wie man es gelernt hat.
So wie ich mich durch das Abitur gequält hatte, so setzte es sich im Studium fort. Nun gut, um dem nicht ganz ungerecht zu werden, kann ich sagen, dass es doch hier und da ganz interessant gewesen ist. Aber so richtig Feuer und Flamme war ich nie. Auch mehr dem Pflichtbewusstsein denn der wirklichen Überzeugung dahinter war es geschuldet, dass ich das Studium abschloss. Und doch hatte ich, wie aus Trotz vielleicht, gerade für den Bereich der Psychologie, der am “typischsten” dafür war, das aller wenigste Interesse.
So war die klinische Psychologie für mich mehr ein Muss denn wirkliches Interesse. Und während alle um mich herum schon fleißig diskutierten, wo sie denn ihre Approbation machen wollten, um später als Psychotherapeut arbeiten zu können, so fand ich mich wie so oft in meinem Leben in der Schwebe. Irgendwo dazwischen. Nicht hier und nicht dort. Irgendwie ein Mitschwimmer. Ohne das Gefühl zu haben, dazuzugehören. Ohne ein klares Ziel vor Augen.
Äußerer Antrieb kann gut und wichtig sein, um erfolgreich im Leben zu werden. Gute Noten und einen soliden Studienabschluss in einem anerkannten Studienfach brachte es mir tatsächlich ein.
Aber wo bleibt da die Zufriedenheit?
Denn wirklich zufrieden war ich nie. Weder im Studium, noch in meinem ersten Job in der Neuropsychologie (irgendeinen Bereich der Psychologie hatte ich ja schließlich wählen müssen). Wo blieb das Feuer? Wo blieb die echte Überzeugung?
Es hatte neben der ganzen äußeren Motivation bisher immer an einer Sache gefehlt: Innerer Antrieb.
Denn anders als äußerer Druck, der durch Noten, Erwartungen und Bewertungen geprägt ist, entsteht echter Antrieb aus echtem Interesse, Neugier und persönlichem Wachstum.
Unterschied zwischen innerem und äußerem Antrieb
Während äußerer Antrieb von außen entsteht, kommt innerer Antrieb aus uns selbst. Er entsteht durch Gefühle, echte Emotionen und die persönliche Relevanz eines Themas. Wir sind aus uns selbst heraus motiviert und begeistert. Feuer und Flamme für eine Sache. Dann bleiben wir am Ball. Dann können wir wirklich daran wachsen.
Lernen aus Zwang oder eigenem Antrieb
Stellt euch doch mal vor, was für ein unglaubliches Wachstumspotential wir hätten, wenn wir frühzeitig in unserem Leben intrinsische Motivation ausbilden würden. Frühzeitig echte Ziele verfolgen. Aus innerer Überzeugung und emotionalem Commitment heraus unseren Interessen nachgehen, neugierig bleiben und uns stetig daran weiterzuentwickeln.
Das klingt anders als die Folgen, die häufig aus dem Lernen aus Zwang entstehen. Wir setzen äußeren Druck ein, um Menschen zum Wachsen zu bewegen. Wir wollen das Beste für sie. Wir wollen gute Noten für unsere Kinder, damit sie einen guten Abschluss und einen guten Job bekommen. Oder wir geben Ratschläge oder Meinungen an unsere Mitmenschen weiter, weil wir ihnen etwas Gutes tun wollen.
Aber was hängt mit diesem Lernen aus Zwang zusammen? Es entsteht Stress und Angst durch Leistungsdruck. Es mangelt an tiefem Verständnis und wir können das Gelernte nicht gut erinnern. Da es nicht aus eigenem Interesse heraus entsteht, empfinden wir zudem weniger Kreativität und Freude am Lernprozess. Selbst wenn wir kurzzeitige Erfolge erleben (gute Noten, guter Abschluss, kurzfristige Erfolge) – am Ende bleiben wir nicht am Ball, vergessen es wieder oder können keinen Wachstumsprozess aufrechterhalten, da es uns an kreativen Ideen und echter Freude fehlt.
Wie viel sinnvoller wäre es also, frühzeitig inneren Antrieb in uns zu entdecken! Es wäre das Entdecken einer inneren Überzeugung für ein Thema. Wir würden persönliche Relevanz und echte Emotion dafür verspüren. Wir würden ehrliches Interesse aufbringen können! Dieses Lernen aus eigenem Antrieb würde zu einem besseren Verständnis und tieferer Verankerung des Wissens führen. Wir würden höhere Kreativität und Innovationsfähigkeit erfahren und Freude und ehrliche Zufriedenheit im Lernprozess erleben. Stellt euch vor, wie viel Potenzial das für unseren Werdegang versprechen würde! Wenn wir den Weg unseres ehrlichen inneren Interesses finden könnten!
Der Übergang zum Lernen aus Wollen
Im Folgenden findest du einige Strategien, wie du vom Lernen aus Müssen zu einem Lernen aus Wollen kommen kannst
1. Identifikation von Interessen
Finde heraus, welche persönlichen Interessen und Leidenschaften du hast.
Wiederentdecke und pflege diese Interessen, um deine Kreativität und Freude am Lernen zu fördern.
2. Ziele setzen
Definiere realistische und persönliche Lernziele.
Halte diese Ziele schriftlich fest und überprüfe sie regelmäßig, um deine Motivation zu erhalten.
3. Relevanz und Praxis
Verknüpfe den Lernstoff mit realen Anwendungen und persönlichen Projekten.
Finde Wege, wie deine Interessen und Lernziele in die Praxis umgesetzt werden können, um die Relevanz und Wichtigkeit zu stärken.
4. Selbstbestimmung
Übernimm Kontrolle über dein Lernumfeld und den Lernprozess.
Durch Eigenverantwortung und Selbstwirksamkeit steigern sich deine Zufriedenheit und Motivation
Mein Übergang von extrinsischer zu intrinsischer Motivation
Ich habe bereits ein paar Worte zu meiner Geschichte verloren. Ich habe beschrieben, wie mein Werdegang langjährig von äußerer Motivation geprägt war. Wann kam die Veränderung? Wichtig wäre mir zu erwähnen, dass es immer ein Prozess bleiben wird, keine Frage. Auch ich befinde mich, wie wir alle, in einem dynamischen Prozess, in dem sich immer wieder neu ausrichten und anpassen lässt.
Und trotzdem habe ich einen Wandel bei mir entdecken dürfen. So habe ich euch erzählt, dass ich mein ganzes Studium über nie das Gefühl hatte, dass Psychologie wirklich meine Leidenschaft sei? Der äußere Druck und das Pflichtgefühl, das Studium durchzuziehen, führten dazu, dass ich in den Widerstand ging und die Psychologie nahezu ablehnte. Überflüssig zu erwähnen, dass ich in meinen ersten Job nicht gerade glücklich gewesen bin, oder?
Was führte jetzt aber zum Wandel?
Meine persönliche Geschichte!
Durch meinen gesundheitlichen Werdegang, meine persönlichen Leiden und die Erfahrung am eigenen Leib, habe ich die Wichtigkeit des Themas wiederentdeckt. Ich habe es persönlich erfahren, persönlich gespürt und erlebt, was Psychologie bedeutet. Ich habe die Wichtigkeit der Psyche im Gesamtwirken unseres Körpers mit Geist und Seele verstanden. Indem ich es in mir selbst erlebt und damit mit innerlicher Überzeugung verstanden habe.
Mit der Zeit gehe ich gerne noch genauer auf meine eigene Geschichte ein, doch was ich damit sagen möchte ist: Finde etwas, was dich persönlich betrifft. Etwas, von dem du innerlich überzeugt bist. Etwas, was für dich persönlich relevant ist, weil du es emotional verknüpft hast.
Meine eigene Geschichte und meine eigene Betroffenheit führten mich in meinen dritten Job: In die klinische Psychologie. Und ich erfuhr dort eine Erfüllung, die ich so nicht erwartet hätte. Ich konnte jetzt wirklich verstehen, welche Bedeutung die Psychologie hat und welche Wichtigkeit sie besitzt. Eine Erfahrung, die sich nicht durch Motivation von außen erleben lässt.
Finde also etwas, was dein Innerstes berührt und dich emotional abholt. Etwas, von dem du dich intrinsisch motiviert fühlst. Dann findest du Eingang zu echtem Interesse, anhaltender Neugier weiterhin Neues darin zu entdecken und dich somit in natürlicher Weise stetig weiterentwickeln und daran wachsen zu können.
Um den ersten Schritt zu tun, solltest du das Lernen als Abenteuer betrachten – eine Reise voller Entdeckungen und persönlicher Entwicklungen. Jeder kleine Schritt vorwärts bringt dich weiter auf deinem Lernweg. Offenheit und Neugier sind hierbei essenziell. Sei bereit, neue Erfahrungen zu machen und lass dich von deiner Neugier leiten. Es ist nie zu spät, etwas Neues zu lernen und Freude daran zu finden.
Starte jetzt deine Lernreise und entdecke, wie erfüllend es sein kann, aus eigenem Antrieb zu lernen. Nutze die genannten Strategien, um deine intrinsische Motivation zu fördern und deinen Weg zur lebenslangen Lernfreude zu finden.
Deine Nina
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